Hirten
1. Januar 1895
Hirten ist eine Gemeinde, bestehend aus Hirten und Kreuznick. Letzteres liegt an der Postsraße, welche von Koblenz über Mayen und Blankenheim nach Aachen führt. Ungefähr 8 Minuten von Hirten liegt dieser Teil der Gemeinde. Hirten liegt an der Dorfstraße. Es ist ein alter Ort, der schon in einer Urkunde des Erzbischofs Robert von Trier zwischen 936 und 946 Villa Herdiga genannt wurde. Ein Hirtenhaus soll früher an den Brunnen des Dorfes gestanden haben, in welchem die Hirten wohnten, welche die Herden der Grafen von Virneburg hüteten. (nach eingezogenen Erkundigungen) Die Gemeinde Hirten zählt 126 Einwohner und 27 Bürger. Die Leute treiben Ackerbau und Viehzucht. Die Gemeinde besitzt einen schönen Flur, der das Dorf umgibt.
Eigentümlich sind zwei Tatsachen:
1. besitzt Hirten keinen Gemeindewald, während ihre Nachbargemeinde Luxem viele Waldungen hat.
2. gehört ein großer Teil des Flures der Kirche zu Monreal.
Wie ich von alten Leuten gehört, soll Luxem durch billigen Kauf zur Zeit der französischen Herrschaft in den Besitz dieser Waldungen gekommen sein, während Hirten damals von einem solchen Kaufe nichts wissen wollte. Ein reicher Graf, welcher Güter bei Hirten besaß, hinterließ dieselben seinen beiden Töchtern. Diese Ehelichteten nicht und vermachten ihre Besitzungen der Pfarrkirche zu Monreal. Diese Liegenschaften wurden zu 3, 6, 9, 12 Jahren verpachtet und hat der Pächter des Grundstückes auch die darauf haftenden Steuern zu zahlen. Die Bevölkerung besteht zur Hälfte aus Bauersleuten und zur Hälfte aus Hausierern. Die Bauersleute sind sparsam in ihrer Kleidung und Lebensweise, nüchtern und verschlossen. Das Gegenteil trifft bei den Hausierern zu. Sie sind Korbmacher, Kesselflicker oder Brillenhändler. Sie bilden eine Verwandtschaft, bei denen vorwiegend die Namen Lamberti und Müller vertreten sind. In der ganzen Gegend sind sie unter den Namen Ledermännchen und Brillenmännchen bekannt. Diese Namen wissen sie auf eigentümliche Weise herzuleiten. Ein großer Teil dieser Hausierer wohnt in Barmen und treibt dort ihre Geschäfte, sind sie alt so ziehen sie wieder nach hier.
Die Kapelle hat stets zur Pfarrei Weiler gehört und scheint ihrer Bauart nach gleichen alters mit ihrer Pfarrkirche zu sein. Während im Jahre 1603 als Pastor in Weiler Casper Sauerborn fungiert, wird in diesem Jahr der Neubau einer Kapelle in Hirten vorgenommen. Im Jahre 1603 wurde der Graf zu Virneburg nach einer noch auf der Landbürgermeisterei Mayen vorhandenen Urkunde zum Beitrag für den Neubau einer Kapelle zu Hirten gebeten. Die Kapelle zu Hirten wurde 1603 erbaut. Zu den Kosten leistete der damalige Graf v. Virneburg einen namhaften Beitrag. Die Bürger von Hirten leisteten die Grund und Spannarbeiten in der Frohnde.
In dem Kriege gegen Österreich fiel von Hirten bzw. Kreuznick Anton Kölzer vom Rheinischen Dragonerregiment bei Neunkirchen in Bayern am 24 Juli 1866. Er erhielt einen Hieb über den Kopf und einen Schuss in den Unterleib. Nach diesem Kriege brach in hiesiger Gegend die Cholera aus. In Hirten starben von 15 Erkrankten 9.
Die Gemeinde Hirten wird durch den Gemeinderat mit dem Vorsteher vertreten. Die letzten Gemeindevorsteher waren: Heinrich Adams, Johann Schäfer bis 1894 und jetzt Johann Peter Adams, letzterer war auch Beigeordneter und Schiedsmann. Im August 1896 wanderte dieser plötzlich nach Amerika und Nikolaus Jünger wurde Stellvertreter. Seit Oktober 1896 ist Heinrich Adams II Gemeindevorsteher. Der Vorsteher Heinrich Adams verzog nach Betzing, und mit Dezember 1899 wurde Nikolaus Adams Gemeindevorsteher. Als dessen Nachfolger wurde 1902 Servatius Schomisch gewählt.
Hirten gehörte bis Ende der dreißiger Jahre zum Schulverbande Weiler. Allem anscheine nach wurde schon im 14. Jahrhundert Schule gehalten. Wem dies oblag war gewöhnlich ein Handwerker. Ein eigentliches Schulhaus hatte man damals noch nicht. In der Regel versammelten sich die Kinder freiwillig in dessen Arbeitszimmer. Ehe das jetzige Schulgebäude gegründet wurde fand man das Schulgebäude an der Nordseite des Kirchhofes. Diese alte Schule bestand schon zur Mitte des vorigen Jahrhunderts war jedoch zu klein, um die ganze Schülerzahl in derselben unterbringen zu können. Man mietete deshalb hier und da geräumige Zimmer für die Kleinen, bei welchen in der Regel ein Aspirant unterrichtete. Der Name des zuerst dort wirkenden Lehrers ist nicht zu ermitteln. Häufig unterrichteten sie nur im Winter, der Sommer war schulfrei. Ein festes geregeltes Einkommen bestand damals noch nicht. Von jedem Kinde erhielt der Lehrer pro Monat 4 – 6 Stüber = 16 – 24 Pfennig. Zudem musste jedes Kind täglich ein Stück Holz mitbringen, welcher Brauch bis in die ersten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts dauerte.
Da früher zwei geistliche Herren dort fungierten, war der Lehrer nicht zugleich Küster, welches man jetzt noch aus Familiennamen des Ortes entnehmen kann. Dies war wohl der Fall bis zum Jahre 1700. Die Besoldung des Küsters bestand hauptsächlich in Naturalienlieferung. Vom Begräbnis der Leiche eines Erwachsenen erhielt derselbe zwei Brote, für die eines Kindes ein Brot. Am hl. Weihnachtsfeste läutete derselbe in der Frühe eine Stunde und erhielt dafür von jeder Familie der Pfarrei eine Korngabe. Zu Ostern erhielt er von jedem Kommunionkinde ein Ei. Die Lieferung an Brot dauerte bis zum Jahre 1872, wo dieselbe in Geld umgewandelt wurde. Weiler, früher bedeutend, nahm an Bevölkerung ab, jedoch mehrte sich die Zahl der Kinder wieder zu Anfang des Jahrhunderts und es wurde dem Wunsche Rechnung getragen, das Luxem und Hirten von Weiler getrennt und jedes dieser Dörfer eine eigene Schule erhalten solle. In Hirten kaufte man Ende der dreißiger Jahre ein Privathaus und richtete es zu einem Schulhaus ein. In Luxem und Weiler wurde neu gebaut.
Von da an hatte Hirten eine eigene Schule.
Als Lehrer wirkte hier Herr Krämer bis zu seinem Tode im Jahre 1876 im März. Wie aus dem vorhandenen Tagebuch zu ersehen, hat er viele Schwierigkeiten mit dem Gehalte gehabt, bis es ihm ausgezahlt wurde. Lehrer Krämer seit 1855 nachweisbar. Es wird auch ein Lehrer Namens Blasweiler genannt, welcher vor ihm hier angestellt gewesen sein soll. Davor war Lehrer Dahm und Lehrer Stein hier. Der erstere Lehrer Stein war ein Bruder des um dieselbe Zeit in Luxem angestellten Lehrers Stein. Am 20. März 1876 wurde die Schule zu Hirten von dem Lehrer Graff zu Kürrenberg des Nachmittags zur Verwaltung übernommen. Am 15. November desselben Jahres ging diese Verwaltung an seinen Sohn Anton über. Dieser trat im folgenden Jahr in das Seminar zu Boppard ein, und der Aspirant Josef Klapperich übernahm die Verwaltung am 27. November 1877. Nachdem auch dieser in Boppard Aufnahme fand, ging die Verwaltung am 02. Dezember 1878 an den Lehrer Stein in Luxem über.
Am 24. August 1880 wurde Hirten von einem großen Brande heimgesucht. Auch das Schulhaus wurde ein Raub der Flammen. Deshalb einigte man sich dafür, daß Hirten und Luxem ein Schulverband wurden und die Kinder gleichzeitig mit denen von Luxem die Schule besuchten. Hirten gab jährlich dem Lehrer in Luxem 219 Mark und der Schule 1 Klafter Holz zum Heizen der Schule. Die Kinderzahl in Hirten nahm sehr ab und zählte 1885 noch 19 Schulkinder.
Die Schule zu Hirten war folgenden Revisoren unterstellt: Graf Keller, Landrat Delius, den Herren Bürgermeister Hubalek, Herking und Schäfer, der Bezirksschulinspektor Herr Pfarrer Nörtersheuser in Niedermendig und seit 1874 Herr Kreil. Schulinspektor Schulrat Kelleter.
Am 21. September 1899 wurde bei der Generalkonferenz das silberne Amtsjubiläum unseres Herren Schulinspektors Schulrat Kelleter in freundlicher und herzlicher Weise gefeiert und ihm eine kunstvoll angefertigte Adresse von seinen Lehrern überreicht. Herr Pfarrer Brand in Weiler wurde 1903 Ortsschulinspektor. Herr Schulrat Kelleter trat 1904 in den Ruhestand. Die Verwaltung wurde Herrn Schulrat Kolbach in Remagen übertragen. Herr Gymnasialoberlehrer Bender wurde 1905 zum Kreisschulinspektor in Mayen ernannt. Während seiner Krankheit im Herbst 1906 übernahm Herr Schulrat Kolbach in Remagen die Vertretung.
Die Schule der Gemeinde Hirten gehört zur Lokalschulinspektion Kürrenberg und zur Kreisschulinspektion Mayen. Der Ortsschulinspektor ist Herr Pfarrer Wolf in Kürrenberg. Sie wird besucht von den Kindern in Hirten und Kreuznick. Das Schulhaus, das die Gemeinde als Bauernhaus im Jahre 1891 für 2700 Mark gekauft hat, ist zu seinem jetzigen Zweck eingerichtet worden(1892).
Anstelle des Schafstalles trat der Schulsaal, der im günstigsten Falle 34 Kinder aufnehmen kann. Derselbe findet sich auf der Nordostseite des Hauses. Die Wohnung des Lehrers ist eine geräumige und hat 5 Zimmer und eine Küche, Speicher, Keller und Stall. Auf jedem Giebel findet sich ein Gärtchen und ein Brunnen, welche dem Lehrer zur Benutzung zustehen. Mit dem Schulhaus wurde auch ein Ökonomiegebäude gekauft, welches man dem Lehrer nicht zur Benutzung lassen will. Das Gehalt beträgt für einen definitiv angestellten Lehrer 1050 Mark und 100 Mark Anrechnung für Wohnungsmiete; also 1150 Mark pensionsfähiges Einkommen. Als Schulstiftung ist das mündliche Vermächtnis eines Feldes vorhanden. Dasselbe liegt am Regensbusch und ist unter dem Namen Schulfeld in der Gemeinde bekannt. Dasselbe soll ein Junggeselle, der nach Amerika auswanderte, der Schule mündlich vermacht haben und ist auch das Feld stets von dem Inhaber der hiesigen Schulstelle benutzt worden. Am 1. November 1892 wurde ich, Adolf Bucheim zum Lehrer in Hirten ernannt. Dies war meine 2. Stelle und war vorher in Ettringen angestellt. Die Schule wird gegenwärtig von 28 Kindern besucht, von 15 Mädchen und 13 Knaben. Im Jahre 1894 starben 3 Schulkinder an Diphteritis: Sophia Gaeb 9 Jahre alt; Peter Gaeb 6 Jahre alt; Johann Schomisch 11 Jahre alt; 1895 und 1896 zählte die hiesige Schule 24 Kinder, 12 Knaben und 12 Mädchen, davon kommen von Kreuznick 10 Kinder. im Sommer 1896 sind in hiesige Schule ein Globus, ein Metermaß, ein Barren und drei Fenstervorhänge beschafft worden. Zu Ostern 1894 wurden aus hiesiger Schule 4 Kinder, 2 Knaben und 2 Mädchen entlassen und 3 Knaben aufgenommen. Zu Ostern 1895 verließen 4 Kinder, 1 Knabe und 3 Mädchen die Schule,2 Kinder, 1 Knabe und 1 Mädchen wurden aufgenommen. 1896 kamen 2 Kinder aus der Schule und 2 Kinder in die Schule. 1897 kamen 3 Mädchen, 1 Knabe aus der Schule (eins mit 7 Jahren Schulbesuch) und 2 Knaben in die Schule. Gegenwärtig (Frühjahr 1897) zählt die hiesige Schule 21 Kinder, 13 Knaben und 8 Mädchen. Die Schülerzahl hat sich nicht verändert. Am 1. Januar 1900 besuchen 22 Kinder – 5 Mädchen und 17 Knaben die Schule. Zwecks Neubau einer Schule wurde der Gemeinde seitens Königl. Regierung ein Zuschuss von 13000 Mark bewilligt. Im Herbst 1905 war sie fertig und wurde bezogen. Die neue Schule wurde am 24. 10. 1905 durch den Herren Pastor eingeweiht.